Alles Konsens im Gemeinderat Stephanskirchen? Pustekuchen!

Ein Beitrag von Johannes Lessing, Gemeinderat & Fraktionssprecher Gemeinde Stephanskirchen, Mitglied im Bau- und Planungsausschuss

In der Februar-Ausgabe des Gemeindekuriers stand in unserem grünen Jahresrückblick, dass viele Beschlüsse im Gemeinderat und den Ausschüssen einstimmig oder doch zumindest mit großer Mehrheit gefasst werden.

Diese Aussage ist zwar im Grundsatz richtig, darf aber den Blick nicht darauf verstellen, dass es leider gleichzeitig auch eine gegenläufige Entwicklung gibt. Das politische Klima ist schwieriger und angespannter geworden. Auch Bürgermeister Mair hat in seinem letzten Jahresrückblick auf die „unruhigen Zeiten“ verwiesen, die in ihren Auswirkungen auch in den Gemeinden vor Ort zu spüren sind. Die weltpolitischen Ereignisse, der Klimawandel, der weltweite Siegeszug von Populisten und die damit einhergehende Gefahr für den Frieden beunruhigt viele Menschen. Auch der zurückliegende Bundestagswahlkampf hat dazu ebenso beigetragen, wie die in einem Jahr stattfindende Kommunalwahl, die bereits ihre Schatten vorauswirft.

Anders, als in der Dezemberausgabe des Gemeindekuriers in einem Beitrag behauptet wurde, leben wir in Stephanskirchen leider nicht politisch auf einer „Insel der Glückseligen“. Der härter wehende Wind weht auch ins Stephanskirchner Rathaus und den Gemeinderat hinein! Fraktionsübergreifende Zusammenarbeit im Gemeinderat findet vermehrt nur noch im jeweiligen eigenen politischen Lager statt und immer seltener stimmen Gemeinderäte gegen die „Linie“ ihrer Fraktionen.

Immer öfter werden Beschlüsse nicht im Konsens beschlossen und manchmal sogar gegen den ausdrücklichen Rat der zuständigen Beauftragten des Gemeinderats. Argumente, so scheint es manchmal, spielen eine immer geringere Rolle und das Ergebnis der Abstimmung scheint schon festzustehen, bevor die Diskussion überhaupt angefangen hat.

Ungeachtet dessen ist die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen weiterhin offen für eine konstruktive Zusammenarbeit mit allen Gruppen und Gemeinderäten aus dem demokratischen Spektrum.

Spielplatz am Tulpenweg/Schloßberg –13:9 – Gemeinderat lehnt Wasserspiele ab!

Ein besonders anschauliches Beispiel der oben beschriebenen Entwicklung ist die Ablehnung der Installation eines Wasserspiels für den neuen Spielplatz am Tulpenweg in Schloßberg! Dort ist ein attraktives Wohngebiet entstanden, in dem auch viele Familien mit Kindern ein neues Zuhause gefunden haben. Bestandteil der Planung war immer die Schaffung eines neuen Spielplatzes, der auf dem Grünstreifen westlich der Siedlung entstehen soll. Dazu wurde dem Gemeinderat im Herbst eine Planung vorgelegt.

Wir Grünen fanden den Planungsentwurf zwar gut, aber ausbaufähig. Etwas Entscheidendes fehlte aus unserer Sicht: Eine Wasserspiel-Installation. Spielplätze mit Wasserspielen sind schon seit langem DER RENNER und auch im Landkreis Rosenheim gibt es schon etliche. Stünde nicht Stephanskirchen, DER Gemeinde „zwischen Inn und Simssee“ und demnächst auch mit einer eigenen Trinkwasserversorgung, ein solcher Spielplatz gut zu Gesicht? Der Bürgermeister, sein Team und die konservative Mehrheit im Gemeinderat meinen: NEIN! In der Sitzung am 26.11.2024 wurden die Wasserspiele mit 13:9 Stimmen abgelehnt.

Über die Gründe kann man nur fassungslos den Kopf schütteln. Zwar bewertet das Rathaus in seiner Sitzungsvorlage Spielplätze mit Wasserspielen „grundsätzlich positiv“ aber eben nicht am Tulpenweg. Warum? Der Bürgermeister und sein Team sind er Ansicht, dass Wasserspiele (Zitat:) „hinsichtlich der Lärmentwicklung“ und wegen der Nähe der Wohnhäuser, des Pflegeheims und des Friedhofs „kritisch“ gesehen werden müssen. Kletter- und Balanciergeräte, Rutschen und Sandkästen würden angeblich zu „leiserem Spielverhalten“ führen. Abgesehen davon, dass dies durch keinerlei Fakten belegt ist und in Wahrheit auch bei anderen Spielgeräten (ich traue mich kaum, es zu sagen) „Kinderlärm“ entsteht: Ist es nicht genau DAS, was Kinder lieben und brauchen: Sich auszutoben und auch mal laut sein zu dürfen – wenigstens auf einem Spielplatz?

Dass sich in der Nähe des Spielplatzes Wohngebäude, ein Pflegeheim und der Friedhof befindet, konnte bei der Planung (Achtung Ironie!) natürlich keiner wissen, sonst hätte man den Spielplatz sicher woandershin verlegt, z.B. an den Ortsrand. DAS ist es nämlich, was der Bürgermeister und sein Team für einen Spielplatz mit Wasserspielen empfehlen: Es sollten „alternative Standorte z. B. an natürlichen Gewässern … untersucht werden.“ Doch wo könnte das sein? Am Baierbacher Badeplatz am Simssee? Da braucht es keine extra Wasserspiele, die Kinder spielen dort eh am Strand. Oder irgendwo am Ufer der Sims im Wald, fernab von den Wohnorten der Kinder? Die Ablehnung mit der Empfehlung „alternative Standorte“ zu suchen zeigt, wie sehr unsere jüngsten Mitbürger dem Rathaus am Herzen liegen.

Den absoluten Vogel schießt das Rathaus aber mit der Begründung ab, der Wasserverbrauch solcher Wasserspiele sollte „in Zeiten klimatischer Veränderungen (…) hinterfragt werden“. Da werden Jahr für Jahr (auch in unserer Gemeinde) mit tausenden Kubikmetern sauberen Wassers die Abwasserkanäle gespült, hunderte Swimmingpools mit Trinkwasser gefüllt und wieder entleert, Gärten bewässert und vieles mehr. Aber gegen die zu erwartenden 10 bis 20 Kubikmeter Wasser im Jahr (!) für ein Wasserspiel werden Umweltbedenken geltend gemacht? Unfassbar und traurig…

Wir meinen: Gerade dort, wo sich die großen und kleinen Menschen aufhalten, ist es wichtig, sich an heißen Sommertagen austoben UND abkühlen zu können, z.B. an einem Wasserspiel auf einem Spielplatz gleich um die Ecke. Warum geht so etwas mitten in Frasdorf, am Bahnhofsvorplatz in Rosenheim und an vielen anderen Orten des Landkreises, nur nicht in Stephanskirchen?

Die Begründung des Bürgermeisters und seines Teams war so abenteuerlich, dass bei der Abstimmung sogar einige wenige Gemeinderäte aus dem konservativen Lager für das Wasserspiel stimmten.

Für die Zukunft verheißt das nichts Gutes, denn die „Argumente“ Lärm und Wasserverbrauch können immer wieder aus der Mottenkiste hervorgezaubert werden, wenn ein Spielplatz geplant wird, der sich dort befindet, wo er sein soll: Möglichst in der Nähe der Wohnorte der Kinder. Wir fragen uns: Wird der Spielplatz in der geplanten Wohnsiedlung Haidholzen-Südost ein Wasserspiel bekommen?

Johannes Lessing

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